Cropfaktor-Märchenstunde

Oder: Die Irrtümer des Tony Northrup

Die aktuelle Folge von Happy Shooting (#368, Veröffentlichung am 07.08.2014) befasst sich unter anderem mit einem YouTube-Video von Tony Northrup. In diesem Video von knapp 40 Minuten Länge erläutert Mr. Northrup seine (leider total falsche) Theorien zu den Zusammenhängen von Cropfaktor, ISO, Brennweite und Blende bei Digitalkameras. Aber auch ein “Award-winning author and photographer” (About-Page seiner Webseite) muss sich den Gesetzen der Physik/Optik beugen, selbst wenn er noch so selbstbewusst vor die Kamera tritt.

06.12.2014: Nach diversen Diskussionen hier und an anderer Stelle habe ich am Ende dieses Artikels einen Nachtrag eingefügt.
22.05.2020: Ein weiterer Nachtrag verweist auf ein Video von Krolop und Gerst und greift die Begrifflichkeiten nochmal auf.

Des Pudels Kern: Brennweite

Crop-Sensoren (Cropfaktor: Die Größe des Sensors relativ zum analogen Kleinbild mit 24 x 36 mm) nehmen, verglichen mit dem “Vollformat”, nur einen Teil des vom Objektiv projizierten Bildes auf. Die optischen Parameter (Brennweite, Blende) des Objektivs bleiben davon aber unberührt, gegenüber der Referenzgröße ändert sich lediglich der auf dem Sensor abgebildete Bildwinkel. Was den Bildwinkel angeht, wird die Brennweite scheinbar mit dem Cropfaktor multipliziert.
Genau hier liegt aber der Denkfehler des Tony Northrup: Er schlussfolgert daraus, dass die wahre Brennweite sich aus der Multiplikation mit dem Cropfaktor ergibt – Tatsächlich errechnet er aber nur die Kleinbild-Brennweite mit äquivalentem Bildwinkel, nicht mehr!

Zwischenspiel: ISO

Der ISO-Wert ist ein Maß für die Lichtempfindlichkeit des Sensors (oder Films). Und eigentlich der ISO-Wert ist unabhängig von der Sensorgröße. Eigentlich. Tony Northrup möchte mit dem ISO-Wert aber lieber am Rauschverhalten der Sensoren festmachen. Und weil kleinere Sensoren ein schwächeres Signal höher verstärken müssen, um die gleiche Lichtempfindlichkeit zu erreichen, rauschen Crop-Bildsensoren der gleichen Technologiegeneration stärker als Vollformat-Sensoren.
Die Northrup-Lösung: Man definiere sich den ISO-Wert so, dass die vom Sensor erfasste Lichtmenge konstant ist. Für die Belichtungsmessung und -einstellung komplett nutzlos, aber dafür kann man dann sehr schön den “normalen” ISO-Wert mit äquivalentem Rauschverhalten ermitteln.

Verrannt: Schärfentiefe und Blende

Die Schärfentiefe ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Brennweite, Blende, Fokusdistanz und den berühmt-berüchtigten Zerstreuungskreisen (Auflösungsobergrenze). Der Sensor-Cropfaktor spielt dabei eine geringe Rolle (der Sensor beeinflusst die Größe der Zerstreuungskreise). Relevant ist: Um die gleiche Perspektive (Position + Bildwinkel) einer Vollformatkamera zu erzielen, muss mit kleinerer Sensorgröße eine entsprechend kürzere Brennweite gewählt werden. Dadurch ergibt sich eine größere Schärfentiefe (weniger Bokeh), die durch eine weiter geöffnete Blende ausgeglichen werden kann.
Die (absurde) Schlussfolgerung von Mr. Northrup: Die von Objektivherstellern angegebenen Blendenzahlen sind Marketing-Lügen und müssen mit dem Crop-Faktor verrechnet werden, da auch die Brennweite mit dem Crop-Faktor verrechnet wird. Tatsächlich errechnet er damit nur die im Hinblick auf die Schärfentiefe äquivalente Blende am Kleinbild, für die Bild-Belichtung ist diese Form der Blendenberechnung nicht zu gebrauchen.

tl;dr / Fazit

Die Brennweite ändert sich nicht durch den Cropfaktor, der ISO-Wert von Crop-Sensoren muss nicht angepasst werden und auch die Blende eines Objektivs bleibt von der Sensorgröße unberührt. Kleinere Sensoren decken aber bei gleicher Brennweite einen kleineren Bildwinkel ab und haben damit scheinbar eine größere Brennweite, wobei die Schärfentiefe durch die tatsächliche Brennweite bestimmt wird. Soll die Hintergrundunschärfe eines Sensors mit Kleinbildgröße erzielt werden, muss die Blende daher weiter geöffnet werden.

Oder kurz: Tony Northrup verbreitet eine Mischung von Halbwissen und Unsinn. Die technischen/physikalischen Seite der Fotografie ist scheinbar nicht seine Stärke. Schuster, bleib bei deinen Leisten!

Nachtrag (06.12.2014)

Was nach diversen Diskussionen bleibt: Die Sensorgröße hat einen nicht unwesentlichen Einfluss auf die Bildwirkung. Es ist möglich, Kleinbild-äquivalenten Werte für Brennweite, Blende und ISO (Sinnhaftigkeit in dieser Reihenfolge) nach den Formeln von Tony Northrup zu errechnen. Außer zu Vergleichszwecken oder beim Wechsel zwischen verschiedenen Systemen ist der Nutzen aber sehr beschränkt.

Das ändert aber nichts daran, dass ein substanzieller Anteil der Aussagen in dem Video einfach falsch ist. Kleine Sensoren rauschen unter gleichen Bedingungen stärker als vergleichbare größere Vertreter der gleichen Technologiegeneration. Und die perspektivisch identische Aufnahme mit einem Crop-Sensor wird zwangsläufig eine andere Schärfentiefe aufweisen, weil dafür eine andere reale Brennweite verwendet werden muss. Das ganze lässt sich beliebig fortführen.
Northrups Grundthesen sind einfach falsch und der bloße Vergleichsgedanke genügt nicht um die klar definierten und sinnvollen Größen Brennweite, Blende und ISO als obsolet zu erklären, vor allem da er keine konsistente Alternative anzubieten hat. Weil es schlicht und ergreifend nicht möglich ist. Spätestens wenn das gleiche Objektiv an unterschiedlichen Sensorgrößen eingesetzt werden kann, scheitert sein Ansatz, weil er sich eben nicht an einem festen Maßstab orientiert.

Nachtrag 2 (22.05.2020)

Darüber, was die Blendenzahl aussagt und wie sie zu definieren ist, gibt es ein Video aus der großen Objektivreihe 2.0 von Krolop & Gerst: Was ist die Blende wirklich. In dem Video wird ein ganz wesentlicher Aspekt auf den Punkt gebracht: Die Blendenzahl ist das Maß für die Lichtstärke des Objektivs. Sie definiert die Apertur, und aus dieser folgt dann auch die Größe der Zerstreuungskreise. Daran anknüpfend: Die Schärfentiefe folgt in Abhängigkeit von der Pixeldichte des Sensors (welche bei Crop-Sensoren in der Regel größer ist) und der späteren Betrachtungsgröße aus der Größe der Zerstreuungskreise.

Also erneut: Schärfentiefe wird durch das Objektiv und die Blende beeinflusst, aber nicht festgelegt. Auf die Eigenschaften von Kameras/Sensoren hin skalierte Angaben, wie von Northrup propagiert, sind nicht sinnvoll, weil sie einerseits subjektiv sind und andererseits eben zwingend einen Bezug zu Kamera/Systemeigenschaften der entsprechenden Technologiegeneration herstellen..

17 Gedanken zu „Cropfaktor-Märchenstunde“

  1. Hallo,

    ich bin da völlig Deiner Meinung. Der wichtige Punkt ist aber hier “die im Hinblick auf die Schärfentiefe äquivalente Blende am Kleinbild” – also die Bildwirkung, die ich mit diesem Objektiv erreichen kann. Diese ist deutlich unterschiedlich und entspricht eben einem Objektiv mit einer um den Faktor 2 kleineren Blende.

    Dass dies für die eigentliche Belichtung irrelevant ist, ist klar. Aber das resultierende Bild sieht ganz anders aus. Und genau darum geht es Tony Northrup. Zudem ist die Freistellung der entsprechenden Optik (neben den besseren Low Light Eigenschaften) ein entscheidender Faktor beim Auswahl eines Objektivs!

    Viele Grüße
    Andreas

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  2. Hallo!

    Hab sein Video eigentlich so verstanden dass um die Vergleichbarkeit von Fotos in Vollformat bzw. mit Cropfaktor geht. Und dass dafür auch die Blende umzurechnen ist.

    Was ISO betrifft hab ich das Ganze noch nicht richtig durchschaut. Müsste nicht ein gleicher ISO-Wert bei unterschiedlichen Kameras zu gleichem Rauschverhalten führen (gleiche Sensorgröße)?

    LG,
    Reinhard

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    • Effektiv geht es in dem Video um den Vergleich der Bildwirkung. Zumindest in der erste Hälfte.

      Nur: Tony Northrup versäumt es, ausreichend zwischen den für die Belichtung relevanten physikalischen Größen und seinen Vergleichswerten zu differenzieren. Seine Schlussfolgerung zur Blende in der Mitte des Videos ist daher klar falsch. Und die komplette zweite Hälfte dann einfach nur noch haarsträubender Unfug.

      Was den ISO-Wert angeht: Wenn der Crop-Sensor einfach nur ein Stück aus einem Vollformatsensor wäre, ja. Die Pixeldichte von Crop-Sensoren ist aber höher, kleinere Pixel liefern ein schwächeres Signal und damit wird das Rauschen dominanter.
      Eventuell schreibe ich zum Rauschen noch einen kleinen Nachtrag.

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  3. Ich verstehe die Aufregung nicht.
    Problem: Ich bin ein Fotograf, der mit KB aufgewachsen ist. Ich habe daher ein “Gefühl” was ich als Resultat erhalte, wenn ich bei Brennweite 50mm Blende f/2.8 ISO 400 fotografiere. Was muß ich an (z.B.) APS-C verwenden, damit ich eine vergleichbare Bildwirkung erhalte?
    Lösung: Ich muß (bei Crop 1.5) ein 35mm Objektiv mit Blende f/2.0 und ISO 200 verwenden.
    Widersprichst du diesem Resultat? Wenn ja möchte ich ein Gegenbeispiel von dir sehen, wenn nein, ist dein kompletter Artikel sinnlos.

    Und ja, ich habe bei meiner ersten APS-C SLR ein 50mm draufgeschnallt und eine 75mm f/1.7 Freistellung erwartet (und natürlich nicht erhalten). Für mich ist das Resultat also keinerlei Überraschung, sondern Anerkennung der Realität. Die Kritik an der Werbung ist eine berechtigte, die ohne Ansehen der Sensorgröße mit Lichtstärken von f/2.8 (und der Erwartung ensprechender Hintergrundwirkung) wirbt.

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    • Die Kritik an der Werbung ist eine berechtigte, die ohne Ansehen der Sensorgröße mit Lichtstärken von f/2.8 (und der Erwartung ensprechender Hintergrundwirkung) wirbt.

      Genau das sehe ich aber nicht so. f/1.8 ist ebenso wie die Brennweite eine Aussage die erst einmal komplett unabhängig vom Cropfaktor ist. Wenn ich besagtes 50mm f/1.8 an eine Crop-Kamera schraube habe ich immer noch ein 50mm f/1.8, kein 75mm f/2.5. Das dabei entstehende Bild ist ein anderes – Das liegt aber nicht am Objektiv! Veränderst du den Aufnahmestandpunkt nicht, hast du nur einen Ausschnitt (bei dann ziemlich gleicher Freistellung), passt du die Distanz an ändert sich die Perspektive, und mit ihr die Freistellung. Das wäre aber auch am Vollformat passiert.
      Der Knackpunkt ist: Die Blende ist in erster Linie ein Belichtungsparameter. Und zwar unabhängig von der Sensorgröße. Dass die Blende auch die Schärfentiefe beeinflusst, ist sekundär und abhängig von der Kamera, nicht vom Objektiv. Etwas anderes zu erwarten ist falsch.
      Davon abgesehen bin ich der festen Überzeugung, dass die meisten lichtstarken Objektive aufgrund der Lichtstärke und nicht wegen der möglichen Freistellung gekauft werden.

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      • Du widerlegst dich selbst. “Lichstärke” ist ein Parameter. Er hat nur in Zusammenhang mit dem gesamten optischen System Bedeutung.
        f/1.8 ist eine Zahl. ISO auch. Ihre “Bedeutung” erlangt sie erst, wenn sie eine Wirkung enfaltet. Wenn du von Anfang an erkannt hast, dass z.B. Tiefenschärfe umgekehrt proportional zur Sensorgröße ist, dann hast du meinen Respekt. Ich hab mir die zugehörigen Gleichungen erst *viel* später angesehen. Und der Sinn des ganzen “Crop-faktor” Unsinns ist es aus der Vielzahl von unterschiedlichen Sensorformaten auf eine “Norm” zurückgreifen zu können, die dem Fotografen die Möglichkeit bietet aus seiner Erfahrung heraus Entscheidungen für die Objektivwahl zu treffen.

        Ich habe jedenfalls jahrelang mit 2.8er Festbrennweiten auf der analogen MF Spiegelreflex gearbeitet, danach mit ca 4er Zooms am Autofokus. Ich habe festgestellt, dass die Freistellung bei Blende 4 *mir* durchaus ausgereicht hat. Dass ich diese bei einem vergleichbaren Normalzoom an APC-C nicht erhalte, habe ich erst in der Praxis herausbekommen. (Gut, dass ist jetzt mittlerweile 10 Jahre her…)

        Wenn ich bei einer Bridge oder Kompaktkamera mit dem Begriff “28-300mm Kleinbildäquivalent” werbe, dann führt eine “unkorrigierte” Lichtstärke zu einer gewollten Fehlinterpretation beim Kunden. (Gut, mittlerweile nicht mehr bei mir, aber auch bei so manchem Fachjournalisten).

        Fakt ist: die Behauptung ein 18-55mm/3,5-5.6 entspräche einem “Kleinbildäquivalent” von 27-80mm/3.5-5.6 ist schlichtweg *falsch*. Das reale und das “virtuelle” Objektiv sind *nicht* vergleichbar. Wenn in einer Rezension geradezu sabbernd über ein Objektiv mit Lichstärke 2.8 bei einem winzigen Sensor berichtet wird, und seine Freistellungsqualitäten gelobt werden, dann zeigt das Unverständis über die Realitäten.

        Es ist eine Tatsache, dass pro Pixel auf einem kleinerern Sensor weniger Photonen ankommen als auf einem größeren (bei gleicher Auflösung). Das war schon beim analogen Korn so! Deshalb muss das Signal mehr verstärkt werden. Northrups Argumentation ist nun, dass für einen korrekten Vergleich(!) die Empfindlichkeit für gleiches Rauschverhalten mit der Fläche der einzelnen Pixel proportional ist.

        Zusammengefasst lässt sich sagen, dass mir die Blende als Zahl vollkommen egal ist. Als Parameter der sich auf das Bild auswirkt ist seine *Bildwirkung* ursächlich für das gewünschte Ergebnis.

        Und wenn du glaubst, dass ein lichtstarkes Objektiv wegen der Fähigkeit bei vorhandenem Licht zu arbeiten gekauft werden, dann bist du selber in die Falle getappt. Denn dein 200mm/2.8 auf APS-C bei ISO 800 (in einer Halle) entspricht von der *Bildwirkung* einem 300mm/4 auf KB und vom Rauschverhalten einem 300mm/2.8 bei ISO 1600. Jeweils gleiche Sensorgeneration vorrausgesetzt!

      • Du widerlegst dich selbst.

        Mein Weltbild kommt mir aber noch sehr geschlossen vor 😉

        “Lichstärke” ist ein Parameter. Er hat nur in Zusammenhang mit dem gesamten optischen System Bedeutung.

        Vor allem ist “Lichtstärke” relativ. Und kein Parameter.

        f/1.8 ist eine Zahl. ISO auch. Ihre “Bedeutung” erlangt sie erst, wenn sie eine Wirkung enfaltet.

        Nein. Blende, ISO, Belichtungszeit sind Größen mit direktem Bezug zur Physik und bestimmen, wie viel Licht auf den Sensor fällt und wie sensibel dieser darauf reagiert.

        Und der Sinn des ganzen “Crop-faktor” Unsinns ist es aus der Vielzahl von unterschiedlichen Sensorformaten auf eine “Norm” zurückgreifen zu können, die dem Fotografen die Möglichkeit bietet aus seiner Erfahrung heraus Entscheidungen für die Objektivwahl zu treffen.

        Einverstanden. Dass man die betreffenden Größen zum Vergleich umrechnen will, kann ich nachvollziehen. Aber dann muss man die scheinbaren/äquivalenten Werte klar von den tatsächlich vorhandenen trennen, das ist bei dem verlinkten Video aber nicht der Fall.

        Wenn ich bei einer Bridge oder Kompaktkamera mit dem Begriff “28-300mm Kleinbildäquivalent” werbe, dann führt eine “unkorrigierte” Lichtstärke zu einer gewollten Fehlinterpretation beim Kunden.

        Tut es das? Ich behaupte, dass die meisten Kunden von Blendenwerten keine Ahnung haben, und von Schärfentiefe/Freistellungspotential noch weniger. Es macht Sinn mit KB äquivalenten Brennweiten zu werben, weil das den Bildwinkel angibt, den der Kunde letztendlich nutzen kann. Und es macht Sinn mit der realen Blende zu werben, weil damit eine Aussage über die zu erwartende Leistung in schlechteren Lichtsituationen getroffen wird.
        Der Kreis derjenigen, die diese Angaben falsch interpretieren können, ist meines Erachtens vergleichsweise klein. Für diese Zielgruppe könnte man aber eine Fußnote “Bildwirkung äquivalent zu Blende f/sowieso am Vollformat” ergänzen.

        Wenn in einer Rezension geradezu sabbernd über ein Objektiv mit Lichstärke 2.8 bei einem winzigen Sensor berichtet wird, und seine Freistellungsqualitäten gelobt werden, dann zeigt das Unverständis über die Realitäten.

        Vielleicht hat der Rezensent vorher mit einem “Dunkelzoom” fotografiert? Relativ geht immer besser. Oder er hat einfach keine Ahnung? Wie dem auch sei, f/2.8 bleiben f/2.8, egal an welche Kamera sie geschraubt sind, und unabhängig davon, wie viel der Mensch hinter der Kamera von der Physik verstanden hat.

        Northrups Argumentation ist nun, dass für einen korrekten Vergleich(!) die Empfindlichkeit für gleiches Rauschverhalten mit der Fläche der einzelnen Pixel proportional ist.

        Nach seiner Argumentation hätten Analogfilme mit einem Korngröße-ISO relativ zum “Referenzkorn” ausgezeichnet werden müssen. Totaler Unfug. ISO war nie als Maß für Sensorrauschen gedacht und wird es auch nie sein. Und niemand wählt ISO-Werte im Bezug auf das Referenzrauschen eines Vollformat-Sensors. Sondern auf Basis des eigenen Sensors und der eigenen Rausch-Schmerzgrenze.
        Noch ein Wort zum Vergleich: Oberflächlich geht es in dem Video nur um einen Vergleich (zumindest in der ersten Hälfte). Aus seinem Vergleich leitet Northrup aber ganz konkrete Aussagen ab, ein Beispiel: Cropsensoren bekommen (absolut) weniger Licht, ISO-Werte sind daher veraltet und er möchte statt dessen mit der absoluten Lichtmenge/-empfindlichkeit arbeiten. Noch einmal: Totaler Unfug.

        Zusammengefasst lässt sich sagen, dass mir die Blende als Zahl vollkommen egal ist. Als Parameter der sich auf das Bild auswirkt ist seine *Bildwirkung* ursächlich für das gewünschte Ergebnis.

        Du kannst bei gleichen Kameraeinstellungen beliebige Objektive mit gleicher Blende benutzen, das Bild ist (im Rahmen der Genauigkeit der Mechanik und unter Vernachlässigung der Transmissionsverluste, Stichwort T-Stop) immer gleich belichtet. Die Blende wirkt sich primär auf die Belichtung aus und nur sekundär auf die Bildwirkung (Schärfe, Kontraste, Schärfentiefe, Bokeh). Die Blendenzahl ist nur bezogen auf die Belichtungsmessung maßgeblich, alles weitere ist davon abgeleitet und reine Interpretationssache.

        Und wenn du glaubst, dass ein lichtstarkes Objektiv wegen der Fähigkeit bei vorhandenem Licht zu arbeiten gekauft werden, dann bist du selber in die Falle getappt. Denn dein 200mm/2.8 auf APS-C bei ISO 800 (in einer Halle) entspricht von der *Bildwirkung* einem 300mm/4 auf KB und vom Rauschverhalten einem 300mm/2.8 bei ISO 1600. Jeweils gleiche Sensorgeneration vorrausgesetzt!

        Das Rauschverhalten einer Vollformatkamera ist uninteressant. Und die Bildwirkung auch. Wenn ich auf den Auslöser drücke, zählen genau drei Parameter: Blende, ISO, Verschlusszeit. Und zwar nicht am Vollformat. Sondern an meiner Kamera. Weil die das Bild macht. Und wenn mein 50mm f/1.4 um vier Blenden lichtstärker als das Crop-Standardzoom 18-55mm f/3.5-5.6 ist, dann kann das der Unterschied zwischen einem scharfen Bild und einem verwackelten oder verrauschten Bild sein. Darum kaufe ich lichtstarke Optiken. Nicht um die Bildwirkung mit einem Referenzsystem zu vergleichen.
        (Und das ist ziemlich sicher der Hauptgrund für den Kauf von lichtstarken Objektiven.)

      • Ich hätte auch gerne die netten Quotes… 🙁

        Vielleicht ist dein Weltbild ein wenig *zu* geschlossen… 😉 Wir haben hier vielleicht ein philosophisches Problem. Du liegst sachlich meistens richtig. Das hat nur keinerlein Nährwert. Es ist, wie wenn du erklärst, dieses Rot hat 620nm. Stimmt, ist aber jedem egal. Karmesinrot (keine Ahnung welche Wellenlänge) ruft eine Vorstellung im Gegenüber hervor.
        Ich hab selber Physik studiert und es ist mir klar, dass bestimmte Begriffe wie Brennweite oder Öffnung genau definierte Bedeutungen haben. Ebenso ist mir klar, dass sich ASA/DIN nicht wegen der Körnigkeit eingeführt wurden, sondern um “korrekte” Belichtungen zu erzielen. Tatsache ist, dass wir keine allgemein bekanntes Maß für Rauschen haben. Du müßtest dich auch jedesmal schütteln, wenn jemand auf die Frage “Wie schwer bist du?” mit “75kg” antwortet.
        Es hängen plötzlich Sensoren an Stellen, die früher analogem Film vorbehalten waren, in einer Vielzahl von Ausprägungen, die es einfach vorher nicht gegeben hat. Ich kann mich genau an *eine* SLR mit Wechselobjektiven im 110er Format erinnern. *Jeder* und sein Schwager hat, wenn er “Systemkameras” verwendet hat, auf KB oder einem der Mittelformate gearbeitet. Deshalb wusste jeder, was es heißt, ein 200mm Objektiv mit Blende 2.8 an einer Nikon FE zu verwenden.
        Ich bin auf *keinen* Fall ein Fan von Northrup und er ist sicherlich viel weniger stringent in seinen Ausführungen als es in einem Fachvortrag notwendig wäre, aber die Herangehensweise ist richtig. Wenn du ISO bewusst einstellst, was ist dein Beweggrund genau diesen Wert zu verwenden? Richtig, höherer Wert, höheres Rauschen. Einfacher Zusammenhang.
        Wer gibt irgendwas auf die Zahlenwerte des optischen Systems? Außer in speziellen Situationen wie der Dokumentation von Experimenten, ist es *vollkommen* egal, ob meine Verschlusszeit 1/250s oder 1/320s ist, die Blende auf 2.8 oder 5.6 eingestellt war. Wichtig ist das *Bild* das hinterher rauskommt und dem entsprechen soll, was ich vor meinem geistigen Auge gesehen habe.
        Es mag sein, dass man sich *ein* Objektiv mit hoher Lichtstärke kauft, um bei weniger Licht fotografieren zu können. Die Ernüchterung, dass dann halt auch weniger scharf ist, folgt bald. Dann erkennt man, dass das Spiel mit der Schärfe toll ist, und stellt sich der Realität. Früher war ein hochempfindlicher Film körnig bis zur Unkenntlichkeit, man musste mit der geringen Tiefenschärfe leben, heute schraubt man einfach die ISO hoch und hat bei ISO 3200 brauchbare Fotos. Damit hat sich der Kaufgrund “mehr Licht” eigentlich schon erledigt. Gerade Bridgekamerabesitzer, die tiefer in die Fotografie eindringen wollen, fragen oft die SLR Fotografen, wie sie es schaffen, so einen tollen Hintergrund zusammenzubringen. Ich behaupte die zwei Hauptgründe von Kompaktkameras auf Systemkameras umzusteigen sind a) der größere Sensor und damit erhofftes besseres Rauschverhalten und b) die Möglichkeit der Freistellung. Und gerade Grund b) wird in der Werbung, wenn auch nicht komplett falsch so doch zumindest hinreichend irreführend dargestellt.

      • Außerdem hab ich den letzten Absatz von dir komplett überlesen… sorry. Hier ein paar Gründe warum deine Argumentation (nicht beleidigt sein) beschränkt (und damit meine ich sehr auf *dich* beschränkt) ist.
        1)Du hast *eine* Kamera. Ich hab zwei. Unterschiedliche Größe, unterschiedliche Einsatzzwecke. Was und wo welche Auswirkung hat, ist wichtig zu verstehen.
        2) Ich habe 25 Jahre lang KB analog fotografiert. Seit ich 13 bin. Es ist wie bei vielen älteren Herrschaften, die den Euro noch immer in ihre alte Währung zurückrechnen. (Tu ich zwar nimmer, kann´s aber verstehen)
        3) Auf-/Umsteiger sollten eine informierte Entscheidung über ihr System treffen können. MFT bei f/1.4 hat halt nicht wirklich einen Vorteil gegenüber APS-C mit Lichtstärke 2.0 (in der Bildwirkung!!!) und auf keinen Fall die Vor- und Nachteile eines 85mm/1.4 am KB.

        P.S. Wenn du schon ein Freund exakter Definitionen bist, so ist auch “Vollformat” problematisch!

      • Ich hätte auch gerne die netten Quotes… 🙁

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        Ich bin auf *keinen* Fall ein Fan von Northrup und er ist sicherlich viel weniger stringent in seinen Ausführungen als es in einem Fachvortrag notwendig wäre, aber die Herangehensweise ist richtig.

        Ich erwarte keinen Fachvortrag (ich bin auf dem Gebiet auch nur ein interessierter Laie mit Hintergrundwissen), aber Northrup wirft mit Allgemeinplätzen um sich wie nichts Gutes. Und trifft damit in meinen Augen Aussagen die wesentlich irreführender sind als alles was die komplette Kameraindustrie zusammen an Werbung auf den Markt gebracht hat.

        Ich bin auf *keinen* Fall ein Fan von Northrup und er ist sicherlich viel weniger stringent in seinen Ausführungen als es in einem Fachvortrag notwendig wäre, aber die Herangehensweise ist richtig. Wenn du ISO bewusst einstellst, was ist dein Beweggrund genau diesen Wert zu verwenden? Richtig, höherer Wert, höheres Rauschen. Einfacher Zusammenhang.

        Mein Beweggrund: Dass “das Licht nicht ausreicht” bei Basis-ISO. Ich fotografiere nicht mit dem Vorsatz “ich will genau eine bestimmte Menge Rauschen haben”. Der ISO-Wert wird so hoch wie nötig und so niedrig wie möglich gewählt. Und jetzt erzähle mir nicht, dass du das anders machst!

        Wer gibt irgendwas auf die Zahlenwerte des optischen Systems? Außer in speziellen Situationen wie der Dokumentation von Experimenten, ist es *vollkommen* egal, ob meine Verschlusszeit 1/250s oder 1/320s ist, die Blende auf 2.8 oder 5.6 eingestellt war. Wichtig ist das *Bild* das hinterher rauskommt und dem entsprechen soll, was ich vor meinem geistigen Auge gesehen habe.

        Gerade du als Fotograf mit Analogerfahrung solltest die Zahlenwerte doch eigentlich zu schätzen wissen. Daumenregeln wie die Sunny 16 funktionieren genau deswegen, weil die Zahlenwerte unabhängig von subjektiven Maßstäben sind. Und genau aus dem Grund kannst du, aus dem Bauch heraus – oder mit einem Belichtungsmesser – einschätzen, welchen Spielraum du mit deiner Ausrüstung in einer Aufnahmesituation hast. Sei es im Freien, im Studio oder der Halle. Wenn dein geistiges Auge in Kleinbild- oder Mittelformatdimensionen denkt, musst du gegebenenfalls umrechnen. Aber das ist dem Kamera-/Objektivhersteller nicht anzukreiden.

        Es mag sein, dass man sich *ein* Objektiv mit hoher Lichtstärke kauft, um bei weniger Licht fotografieren zu können. Die Ernüchterung, dass dann halt auch weniger scharf ist, folgt bald. Dann erkennt man, dass das Spiel mit der Schärfe toll ist, und stellt sich der Realität. Früher war ein hochempfindlicher Film körnig bis zur Unkenntlichkeit, man musste mit der geringen Tiefenschärfe leben, heute schraubt man einfach die ISO hoch und hat bei ISO 3200 brauchbare Fotos. Damit hat sich der Kaufgrund “mehr Licht” eigentlich schon erledigt. Gerade Bridgekamerabesitzer, die tiefer in die Fotografie eindringen wollen, fragen oft die SLR Fotografen, wie sie es schaffen, so einen tollen Hintergrund zusammenzubringen. Ich behaupte die zwei Hauptgründe von Kompaktkameras auf Systemkameras umzusteigen sind a) der größere Sensor und damit erhofftes besseres Rauschverhalten und b) die Möglichkeit der Freistellung. Und gerade Grund b) wird in der Werbung, wenn auch nicht komplett falsch so doch zumindest hinreichend irreführend dargestellt.

        Wer von einer Kompaktkamera kommt wird meines Erachtens kaum die Erwartungshaltung (oder den Erfahrungshorizont) haben, Ergebnisse wie am Kleinbild oder Mittelformat zu erzielen. Es zählt die relative Verbesserung, und die vermag auch eine Crop-Kamera (deutlich!) zu liefern. Sowohl was das Rauschverhalten angeht, als auch die Freistellungsmöglichkeiten.

        Hier ein paar Gründe warum deine Argumentation (nicht beleidigt sein) beschränkt (und damit meine ich sehr auf *dich* beschränkt) ist.

        Das ist nicht auszuschließen. Umgekehrt kann (nicht muss!) das gleiche aber auch für dich gelten 😉

        1)Du hast *eine* Kamera. Ich hab zwei. Unterschiedliche Größe, unterschiedliche Einsatzzwecke. Was und wo welche Auswirkung hat, ist wichtig zu verstehen.

        Richtig. Aber: Rechnest du zwischen den beidem Kameras hin und her bevor du eine von beiden in die Hand nimmst, oder kennst du dein “Werkzeug” und entscheidest dich auf Basis dessen für oder gegen eine bestimmte Konstellation? Und du hast die zwei unterschiedlichen Kameras nicht gekauft, um damit die gleichen Bilder zu machen, oder? Damit verliert auch die Umrechnerei ihren Nutzen, denn wenn du keine vergleichbaren Bilder fotografieren willst, warum dann mit Vergleichswerten arbeiten?

        Spätestens wenn unterschiedliche Kamera-/Sensorgenerationen ins Spiel kommen, funktionieren auch die Formeln nicht mehr, weil der ISO-Teil von “Blende * Crop, ISO / Crop²” hinfällig wird. Das Resultat wären unterschiedliche Belichtungen. Blende und ISO-Wert sind alleine keine geeigneten Vergleichsparameter. Aus diesem Grund macht es auch keinen Sinn, sie relativ zu einem beweglichen Ziel zu vereinheitlichen, weil damit ihre Kernfunktion verloren ginge.

        2) Ich habe 25 Jahre lang KB analog fotografiert. Seit ich 13 bin. Es ist wie bei vielen älteren Herrschaften, die den Euro noch immer in ihre alte Währung zurückrechnen. (Tu ich zwar nimmer, kann´s aber verstehen)

        Was glaubst du, wie begeistert die “alten Herrschaften” wären, wenn an Kameras neuerdings Northrup-ISO eingestellt würde? Oder eine Northrup-Blende? Wenn sie ihr “Altglas” vor eine Crop-Kamera schnallen und die ganzen Blendenwerte nicht mehr stimmen?

        3) Auf-/Umsteiger sollten eine informierte Entscheidung über ihr System treffen können. MFT bei f/1.4 hat halt nicht wirklich einen Vorteil gegenüber APS-C mit Lichtstärke 2.0 (in der Bildwirkung!!!) und auf keinen Fall die Vor- und Nachteile eines 85mm/1.4 am KB.

        Da stimme ich dir zu. Nur muss man sich um diese Information eben selbst bemühen. Und dass die Sensorgröße einen signifikanten Einfluss auf die Bildwirkung hat, pfeifen die Spatzen jetzt schon echt lange von den Dächern. Es ist, wie überall im Leben, auch ein gewisses Maß an Eigeninitiative gefragt.

        P.S. Wenn du schon ein Freund exakter Definitionen bist, so ist auch “Vollformat” problematisch!

        Da hast du wohl recht 😉 Man könnte es “Gnade der späten Geburt” nennen, dass ich mit Vollformat primär das 24mm x 36mm Kleinbild assoziiere.

    • Offenbar ist auch die Antworttiefe hier beschränkt… 😛

      Mein Beweggrund: Dass “das Licht nicht ausreicht” bei Basis-ISO. Ich fotografiere nicht mit dem Vorsatz “ich will genau eine bestimmte Menge Rauschen haben”. Der ISO-Wert wird so hoch wie nötig und so niedrig wie möglich gewählt. Und jetzt erzähle mir nicht, dass du das anders machst!

      Und warum stellst du die ISO selber ein? Warum überlässt du es nicht der Automatik? Weil ISO eine quantitativ ungenaue aber qualitativ ausreichende Beschreibung des Rauschens liefert. Und bei halbwegs vergleichbaren Sensoren das Rauschen eben indirekt proportional zur Fläche des Sensors ist, in der *Größenordnung* zumindest. Im Normalfall geht´s doch darum ob man mit den Einstellungen gestalterisch noch leben kann, oder ob man eine Lösung für die Situation finden muss.

      Wer von einer Kompaktkamera kommt wird meines Erachtens kaum die Erwartungshaltung (oder den Erfahrungshorizont) haben, Ergebnisse wie am Kleinbild oder Mittelformat zu erzielen. Es zählt die relative Verbesserung, und die vermag auch eine Crop-Kamera (deutlich!) zu liefern. Sowohl was das Rauschverhalten angeht, als auch die Freistellungsmöglichkeiten.

      Du läßt die vielen “Aufsteiger” komplett außer acht, die nach einiger Zeit unbefriedigenden Knipsens mit einer vollautomatischen Kompakten eine “echte” Kamera haben wollen. Und der Unterschied von so mancher Edelkompakten zum z.B Nikon 1 System ist so riesig nicht! Dann kommt die Frage an den Nachbarn, der ja im Fotoclub ist, mit was man denn solche tollen Porträts machen kann…

      Gerade du als Fotograf mit Analogerfahrung solltest die Zahlenwerte doch eigentlich zu schätzen wissen. Daumenregeln wie die Sunny 16 funktionieren genau deswegen, weil die Zahlenwerte unabhängig von subjektiven Maßstäben sind. Und genau aus dem Grund kannst du, aus dem Bauch heraus – oder mit einem Belichtungsmesser – einschätzen, welchen Spielraum du mit deiner Ausrüstung in einer Aufnahmesituation hast. Sei es im Freien, im Studio oder der Halle. Wenn dein geistiges Auge in Kleinbild- oder Mittelformatdimensionen denkt, musst du gegebenenfalls umrechnen. Aber das ist dem Kamera-/Objektivhersteller nicht anzukreiden.

      Wenn du in einem Jahr mit vier verschiedenen Kamerasystemen fotografierst, mit vier verschiedenen Sensorgrößen, dann willst du mir erzählen, dass du keinen “Standard” im Kopf hast, von dem du ausgehst??? Warum schreibt dann der Hersteller “Kleinbildäquivalent” auf seine Verpackung und nicht gleich die Brennweite?
      Und was die “Sunny 16” betrifft, so hängst du dich schon wieder *viel* zu sehr an den Zahlenwerten auf, die vollkommen unwichtig sind. Ich schaue bei einem EVF durch den Sucher und stelle manuell und unmittelbar erkennbar a) die Tiefenschärfe und b) die Helligkeit ein. Da ist es unwichtig ob Blende 16 oder Blende 11 draufsteht. Wenn ich hingegen bei maximal geöffneter Blende nicht die gewünschte Freistellung kriege, so ist das ein falsch angeschafftes Objektiv, das sich mit der “Hochrechnung” hätte vermeiden lassen.
      Ich *liebe* Technik. Ich spiele mich unheimlich gerne mit Blendenwerten, Verschlusszeiten und ISO-Einstellungen herum und philosophiere über die Beugung an kleinen Blendenöffnungen. Aber wenn ich ein Foto mache, dann ist das *sekundär* auch wenn du es als *primär* wichtig siehst. Und genau das ist der Unterschied zwischen uns.
      Natürlich ist es Blödsinn Brennweiten zu multiplizieren und zu erklären Blende 2.8 sei in Wirklichkeit Blende 4 oder ISO 400 sei ISO 800. Wenn ich aber zwei Kamerasysteme sinnvoll vergleichen will, brauche ich ein Referenzsystem. Und nichts anderes versucht Northrup in diesem Video.

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      • Offenbar ist auch die Antworttiefe hier beschränkt… 😛

        Ja, das habe ich umgestellt, nachdem die verfügbare Textbreite immer geringer wurde und ich gerade wenig gewillt bin, an dem Design herumzubasteln. Wenn es nicht mehr tiefer geht, bitte einfach auf deinen ursprünglichen Kommentar antworten, dann stimmt die chronologische Reihenfolge. Ich war so frei, deinen Kommentar an passender Stelle neu einzufügen.

        Und warum stellst du die ISO selber ein? Warum überlässt du es nicht der Automatik?

        Weil die Automatik keine Gedanken lesen kann. Einfaches Beispiel: Feste/situationsabhängige Blende, ISO auf Schmerzgrenze und dann Zeitautomatik für möglichst kurze Verschlusszeiten. Fertig ist die Konfiguration für “Schnell und Dunkel”.

        Im Normalfall geht´s doch darum ob man mit den Einstellungen gestalterisch noch leben kann, oder ob man eine Lösung für die Situation finden muss.

        Volle Zustimmung. Und wo genau muss ich da jetzt ISO und Blende Umrechnen? 😉

        Du läßt die vielen “Aufsteiger” komplett außer acht, die nach einiger Zeit unbefriedigenden Knipsens mit einer vollautomatischen Kompakten eine “echte” Kamera haben wollen. Und der Unterschied von so mancher Edelkompakten zum z.B Nikon 1 System ist so riesig nicht! Dann kommt die Frage an den Nachbarn, der ja im Fotoclub ist, mit was man denn solche tollen Porträts machen kann…

        Das Nikon 1 System kenne ich nicht. Bevor ich mich ernsthaft mit der Fotografie auseinandergesetzt und mir eine APS-C DSLR angeschafft habe, war mein fotografischer Horizont auf zwei Kompaktkameras (KB-Film, später digitale Superzoom) beschränkt.
        Zurück zu deinem Aufsteiger: Es führt kein Weg daran vorbei, sich vor dem Einkauf zu informieren. Das Umrechnungsschema hat unwidersprochen seine Berechtigung wenn es um den Vergleich verschiedener Kameras oder Objektive geht. Wer aber bereits so viel über Fotografie und Optik weiß, dass er die Vergleichsfaktoren kennt und tatsächlich nutzt, braucht sie meiner Meinung nach wahrscheinlich schon gar nicht mehr.

        Wenn du in einem Jahr mit vier verschiedenen Kamerasystemen fotografierst, mit vier verschiedenen Sensorgrößen, dann willst du mir erzählen, dass du keinen “Standard” im Kopf hast, von dem du ausgehst???

        Böse Zungen behaupten, dass das ein Luxusproblem ist 😉
        Im Ernst: Ich habe keine Ahnung wie ich damit umgehen würde. Zur Zeit verhält es sich so, dass ich meine Kamera und meine Objektive (mehr oder weniger gut) kenne und dann anhand der konkreten Situation entscheide. Davon ausgehend, wie ich normalerweise Denke und Arbeite, nehme ich an, dass ich die anderen Kameras dann geistig ausblenden und direkt “Bild im Kopf -> Kamera” denken würde.

        Ich *liebe* Technik. Ich spiele mich unheimlich gerne mit Blendenwerten, Verschlusszeiten und ISO-Einstellungen herum und philosophiere über die Beugung an kleinen Blendenöffnungen. Aber wenn ich ein Foto mache, dann ist das *sekundär* auch wenn du es als *primär* wichtig siehst. Und genau das ist der Unterschied zwischen uns.

        Ich glaube der Unterschied ist gar nicht so groß, nur die Herangehensweise. Für mich machen drei Aspekte das Bild aus: Die Belichtung, sekundäre Effekte die sich aus diesen Systemparametern ergeben, und der eigentliche Bildinhalt, das Motiv. Die sekundären Effekte können das Motiv unterstützen oder schwächen, manchmal spielen sie selbst die Hauptrolle. Diese Einflüsse gilt es zu kennen, zu beherrschen und einzusetzen, weil jedes Bild letztendlich eine Kompromisslösung in diesem Zielkonflikt darstellt.

        Natürlich ist es Blödsinn Brennweiten zu multiplizieren und zu erklären Blende 2.8 sei in Wirklichkeit Blende 4 oder ISO 400 sei ISO 800. Wenn ich aber zwei Kamerasysteme sinnvoll vergleichen will, brauche ich ein Referenzsystem. Und nichts anderes versucht Northrup in diesem Video.

        Wie schon gesagt, ich gehe voll und ganz mir dir, was den Nutzen von Vergleichs- und Umrechnungsmöglichkeiten angeht. Nur bin ich entweder ausgesprochen schlecht im Verständnis von gesprochenem Englisch, oder Tony Northrup entgleist permanent aus dieser Vergleichsschiene und möchte gleich die komplette Art der Belichtungsmessung auf den Kopf stellen. Und nach wie vor ist der zweite Teil des Videos Unfug. Ob Nikon mich seiner Meinung nach auch betrügt wenn ich ein (Vollformat) 70-200 f/2.8 kaufen und an meine APS-C-Kamera schrauben würde?

        Zusammenfassend: Ja, es kann sinnvoll sein, zu Vergleichszwecken reale Blende, Brennweite (und zähneknirschend) ISO mit dem Cropfaktor zu Vergleichsgrößen umzurechnen. Und wenn das Kopfkino auf Kleinbild geeicht ist, hilft die Eselsbrücke +/- Wurzel(Cropfaktor) um das entsprechende Bild aus der Kamera zu bekommen. Diese Vergleichsgrößen sind aber niemals als Ersatz für die Ausgangsdaten geeignet, weil sie nun Mal relativ sind. Relativ zur Sensorgeneration und relativ zur Sensorgröße. Und die Eigenschaften von Objektiven sind naturgemäß nun Mal unabhängig vom Sensor und konstant.
        Schließlich: Zahlen machen keine Bilder. Beherrsche die Technik und sei kein Sklave der Kameraautomatik oder irgendwelcher Umrechenformeln.

  4. Hallo Markus,
    auch wenn der Thread älter ist wollte ich zu Deinem Nachtrag noch eine kleine Ergänzung machen. Du schreibst “… die perspektivisch identische Aufnahme mit einem Crop-Sensor … weil dafür eine andere reale Brennweite verwendet werden muss.”

    Das stimmt so aber nicht, denn nur der Abstand zum Motiv bestimmt die Perspektive, nicht die Brennweite, nicht der Crop-Faktor. Diese letzten beiden Größen bestimmen aber wie viel vom Motiv auf dem Chip landet.

    Ein Beispiel: Wenn Du das Ulmer Münster von 100m Abstand fotografierst, dann werden die nebenstehenden Gebäude, die Verdeckung anderer und der Blick auf den Himmel immer identisch sein, ob mit 14mm oder 70mm. Würdest Du das “14mm-Bild” nehmen und den richtigen Ausschnitt wählen, dann wäre das Bild perspektivisch identisch mit dem mit 70mm aufgenommenen, denn Du siehst von dem Punkt aus, an dem Du stehst ja genau die gleichen Gebäude, bzw. es sind die gleichen Gebäudeteile verdeckt. Und der Grad des Sehens, bzw verdeckt-Seins ist ja die Perspektive.

    Grüße Ralf

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    • Das stimmt so aber nicht, denn nur der Abstand zum Motiv bestimmt die Perspektive, nicht die Brennweite, nicht der Crop-Faktor. Diese letzten beiden Größen bestimmen aber wie viel vom Motiv auf dem Chip landet.

      Richtig, die von mir gewählte Formulierung ist unscharf/unvollständig. Was ich mit “perspektivisch identische Aufnahme” gemeint hatte war: Gleicher Bildausschnitt/-winkel und gleicher Standort. Also das, was man im Volksmund unter “gleichem Bild” verstehen würde. Genau auf diese Situation beziehen sich Northrups Zahlenspiele, weil sich hier dann der Crop-Faktor auf die weitere Bildwirkung und -qualität (Verlauf der Unschärfe, Rauschen) auswirkt.

      Danke für die Anmerkung, Ralf!

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  5. Hallo, habe gerade Deine “Märchenstunde” gefunden und mir noch einmal das Video von Northrup angesehen. Leider kann ich Deiner Argumentation nicht folgen (und somit Deine Kritik auch nicht nachvollziehen), während ich in dem Video meine Denkweise bestätigt bekommen habe.

    Northrup hat z.B. absolut recht, wenn kritisiert, dass viele Hersteller mit einer bestimmten Offenblende werben, aber als Referenz die KB-Äquivalente Brennweite angeben. Das ist genau so, als wenn eine Powerbank mit 5V Ausgangspannung mit z.B. 10.000 mAh beworben wird (d.h. man vermutet 50Wh), aber verschwiegen wird, dass der interne Akku nur 3,7V hat (und die Powerbank somit nur 37Wh, da sich die 10.000 mAh auf die 3,7V bezogen). Das ist bewusst irreführend.
    Wenn schon mit einer Äquivalenten Brennweite geworben wird, muss auch die äquivalente Blende genannt werden (die zu dem in Aussicht gestellten Bildlook passt).

    Genau so hat er auch Recht mit seinen Ausführungen zu ISO. Ich fotografiere seit mittlerweile über 30 Jahren (Analog + Digital) und bin wirklich gut in dem Thema drin. Ich habe aber jetzt keine Lust, auf Deinen Text komplett einzugehen… ehrlich gesagt verstehe ich teilweise auch gar nicht, was Du eigentlich meinst!
    Eigentlich ist das alles “nur” Physik, und Northrup erklärt das meiner Meinung nach ziemlich gut.

    Schau’ Dir doch einfach das Video noch einmal unvoreingenommen an, vielleicht macht es dann bei Dir Klick! 🙂

    Beste Grüße!

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    • Ich habe aber jetzt keine Lust, auf Deinen Text komplett einzugehen… ehrlich gesagt verstehe ich teilweise auch gar nicht, was Du eigentlich meinst!

      Das ist nicht direkt die beste Voraussetzung um in eine Diskussion einzusteigen.

      Wenn schon mit einer Äquivalenten Brennweite geworben wird, muss auch die äquivalente Blende genannt werden (die zu dem in Aussicht gestellten Bildlook passt).

      Der letzte Satz ist der, an dem deine Argumentation hinkt. Du nimmst an, dass der Hersteller einen Bildlook in Aussicht stellt. Tut er nicht. Er dokumentiert mit den seit Jahrzehnten üblichen Größen die relevanten technischen Daten. Und mit “Eigentlich ist das alles nur Physik” triffst du den Nagel auf den Kopf …

      Wir sprechen nicht von Bildwinkel sondern von Brennweite. Weil der resultierende Bildwinkel aber von der Sensorgröße abhängt, interessiert uns die optische Brennweite eigentlich gar nicht so sehr. Angaben in Kleinbildäquivalent stellen den zur Einordnung erforderlichen Bezug zu einer bekannten Referenz her.
      Die Blende gibt wiederum die Lichtstärke an und ist primär ein Belichtungsparameter. Dass der Bildook auch von der Blende abhängt, ist ein sekundärer Effekt!

      Genau so hat er auch Recht mit seinen Ausführungen zu ISO.

      Nein. Northrup definiert sinnvolle Parameter um, welche primäre physikalische Eigenschaften (Brennweite/Bildwinkel, Lichtstärke, Lichtempfindlichkeit) des optischen Systems beschreiben, um damit sekundäre Effekte (Bildlook/Unschärfe, Rauschen) auszudrücken. Mag sein, dass für letztere geeignete Maßzahlen hilfreich wären, aber nicht vorhanden sind. Die originären Parameter Blende, Brennweite und ISO kann man dafür aber nicht “über den Haufen werfen”.

      Solange ich das ganze aus einer technischen Sicht betrachte redet Northrup Unfug. Und unter praktischen Gesichtspunkten ist sein Vorschlag auch nicht zu gebrauchen. Wenn ich ein 50mm f/2.0 KB-Objektiv an eine 1,5er Crop-Kamera schraube, müsste ich es nach Northrup als f/2.8 bezeichnen. Welche Blende stelle ich dann an der Kamera ein? Physikalische Blende oder Northrup-Blende? Oder wird das durch einen verschobenen ISO-Wertebereich kompensiert der das Rauschverhalten am KB nachbildet (welches nicht zwingend der Northrupschen-Arithmetik folgt)? Und wenn ja: Was ist, wenn eine neue Kamerageneration bei gleicher Sensorgröße weniger rauscht? Dann sind meine Bilder bei gleichen Parametern auf einmal unterschiedlich belichtet! Da geht sie hin, die Idee der Vergleichbarkeit nach Bildlook … und von daher macht da auch nichts “Klick” bei mir.

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